geschrieben von Gerlinde Wicke-Naber

Erika strahlt. Die Neunjährige mit Down-Syndrom ist sichtlich stolz auf ihre neue Brille. Jedem reckt das Mädchen das Gesicht entgegen: Schaut mich an mit meiner schicken Brille. „Viele Kinder mit Down-Syndrom leiden an einer Sehschwäche“, sagt Elfriede Joos-Kratsch. Erika sieht ihren Untersuchungen zufolge nur etwa 20 Prozent. Mit der Brille ist es nun doppelt so viel. „Und das wird noch besser, wenn sich das Kind erst einmal an die Brille gewöhnt hat“, verspricht die Orthoptistin.

   

Erika bei der Untersuchung                                       Erika mit ihrer neuen Brille     

 Erika lebt bei den Mutter-Teresa-Schwestern, die im Zentrum von Shkodra ein Haus für geistig und mehrfach behinderte Menschen führen. Sie alle wurden von ihren Familien ausgesetzt. Ein Besuch in ihrem Heim war ein Programmpunkt des Einsatzes Anfang Juni. Dieses Mal wurde Elfriede Joos-Kratsch von mir begleitet. Ich bin Journalistin und möchte für die Stuttgarter Zeitung eine Reportage über die Arbeit von Daika in Albanien schreiben.

Weniger Kinder als sonst wurden dieses Mal untersucht. Im Vordergrund stand vor allem das Knüpfen neuer Kontakte. Die Bevölkerung der Bergregionen Nordalbaniens ist überwiegend katholisch, einige Ordensstationen leisten dort Basisarbeit der medizinischen und sozialen Betreuung. Und wenn jemand Hilfe braucht, fragen sie nicht, ob er katholisch,orthodox, muslimisch oder atheistisch ist.

Neben den Mutter-Teresa-Schwestern, bei denen wir mehrere Kinder untersuchten und vieren eine Brille verordneten, stand auch eine Begegnung mit Schwester Christina auf dem Programm. Diese beeindruckende Ordensschwester aus Donauwörth lebt seit zehn Jahren in Albanien. Am Rande von Shkodra in Dobrac, einem Armenviertel für Zuwanderer aus den Bergen, kümmert sie sich um Opfer aus Blutrachefamilien und um Roma, die ganz am Rande der Gesellschaft stehen. Ihre Ambulanz ist ein Zentrum für Verbrennungsopfer. „In den engen Hütten gibt es oft offenes Feuer. Viele verletzen sich“, berichtete Schwester Christina. Eine Behandlung in einem öffentlichen Krankenhaus können sich die Armen nicht leisten -  dazu braucht man viel Geld, um die Ärzte zu bestechen. 

Bei der Untersuchung eines Kindes mit Down-Syndrom mit einer Ordensschwester

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei der Untersuchung eines Kindes mit Down-Syndrom mit einer Ordensschwester

Auch ein nagelneuer und großzügig gebauter Kindergarten für 75 Zwei- bis Sechsjährige gehört zum Projekt der Spirituellen Weggemeinschaft -  so heißt der kleine Orden mit Sitz in der Schweiz, dem Schwester Christina angehört. Finanziert werden der Orden und die Arbeit der beiden Schwestern in Albanien überwiegend mit Spendengeldern aus der Schweiz und Deutschland. Bei unserem nächsten Besuch im Oktober werden wir ein Screening im Kindergarten der Schwestern durchführen.

Viel Arbeit hatten wir in Fushe Arrez, einer Kleinstadt im Norden, zwei Autostunden von Shkodra entfernt. Dort betreiben zwei weitere Nonnen aus Deutschland eine Missionsstation für die Ärmsten der Armen. Etliche Kinder mit Fehlsichtigkeit bestellten wir zur Brillenbestimmung in die Praxis nach Shkodra. Die dort bestimmten Brillen konnten umgehend von einem Optiker angefertigt werden. Manche der Familien sind so arm, dass sie die Brille nicht bezahlen können. Da springt dann unser Verein Daika ein. Auch  Fushe werden wir für Reihenuntersuchungen an Kindergarten- und Grundschulkindern im nächsten Jahr wieder besuchen.

Einige tragische Schicksale mussten wir erleben. Aurel, ein zehnjähriger Junge kam mit einer durch einen Steinschlag verursachten Netzhautverletzung zu uns. Nur eine möglichst schnelle Operation kann das Auge noch retten. Doch die kostet mindestens 3000 Euro -  unbezahlbar für die Familie von Aurel. Pellumb Brusha, der lokale Organisator der österreichischen Organisation Allianz für Kinder  war zufällig mit einigen Schützlingen in der Praxis, als wir Aurel untersuchten. Er versprach nach telefonischer Rücksprache mit seiner Zentrale, dass der Junge in Österreich operiert werden kann. Wir schickten die medizinischen Unterlagen nach Österreich und hoffen, dass es für eine OP nicht zu spät ist. 

In Fushe-Arrez warten die Eltern mit den Patienten geduldig auf die Untersuchung

 

    

 Beim LEA-Test                                                            Dr. Hibraj und Elfriede Joos-Kratsch besprechen die weitere Behandlung von Aurel 

Kommentare  

+3 #1 Wolfgang Kratsch 2014-06-25 11:59

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