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Voller Eindrücke und sicher und wohlbehalten bin ich wieder in Deutschland angekommen und wundere mich über die komfortablen Untersuchungsbedingungen und die niedrige Schwelle, zum Arzt zu laufen in unserem Land. Kaum 2 Flugstunden von hier entfernt habe ich mich z.T. ins Mittelalter oder nach Lambarene versetzt gefühlt. In den Bergen von Nordalbanien ist eine Armut, die kaum beschreibbar ist. Es sind nicht diese Menschen, die nach Deutschland kommen, die wohlhabenderen verlassen das Land.

DAIKA e.V. ist eine Deutsch-Albanische Initiative, die sich um Kinderaugen kümmert, gegründet von einer Orthoptistin aus Tübingen und ihrem Mann. Mit großem Engagement fährt sie mit ehrenamtlichen Helfern dreimal im Jahr nach Albanien, um dort Screenings bei Kindern durchzuführen, auffällige Kinder frühzeitig mit Brillen zu versorgen (bei den armen Familien auf Kosten von DAIKA), Erkrankungen weiterzuleiten an dort tätige Augenärzte. Das Projekt ist so gewachsen, dass albanische Helfer vor Ort das Team unterstützen und so angelernt worden sind, Screenings selbst durchzuführen. Die Nachhaltigkeit entsteht dadurch, dass die auffälligen Kinder immer wieder nachuntersucht werden von dem deutschen DAIKA-Team. Neue Kontakte werden regelmäßig geknüpft, um vielen zu helfen. Und diese Hilfe kommt an: direkt und unmittelbar.

Ich habe als Augenärztin und Orthoptistin das DAIKA-Team erstmalig aktiv unterstützt und bin dieses Jahr mitgeflogen. Die Arbeit und das Konzept haben mich vollends überzeugt. Wir waren an drei Einsatzorten in den Bergregionen des Nordens, nachdem ich abgereist bin, hat das Team noch Kinder aus einem Heim für hörgeschädigte Kinder untersucht (der Kontakt ist auf Initiative des albanischen Helfers entstanden) und hat Kinder und Jugendliche aus Blutrachefamilien untersucht. Die Kontakte zu einem Projekt, das sich um diese isolierten Familien kümmert, die praktisch auch keinen Zugang zu medizinischen Versorgung haben, entstanden bei einem Treffen am Mittwoche Abend, bereits 5 Tage später fanden die Untersuchungen statt. Das ist unmittelbare und unbürokratische Hilfe!

Die Untersuchungen, die dieses Mal auch auf Erwachsene ausgeweitet wurden, weil ich als Augenärztin dabei war, fanden unter einfachsten Bedingungen statt. In Fushe Arrez haben wir einen Raum einrichten können mit ein paar gespendeten Geräten, die unter großem Engagement und mit viel Kreativität aufgebaut und in Gang gebracht wurden. Da die Spaltlampe nicht funktionierte, bauten eine Elektrikerin, die als Schwester im Kloster von Fushe Arrez für die Ärmsten der Armen da ist und ein Elektriker aus der Region innerhalb von einer Stunde eine Kupferdrahtspule, die als Trafo auf den Widerstand der Glühlampe der Spaltlampe abgestimmt war. Das Fenster wurde kurzerhand mit einer Decke und zwei Pappen verdunkelt, die einzige wackelige Steckdose des Raumes erhielt zahllose Verlängerungskabel und Dreierstecker, um die verschiedenen Geräte nutzen zu können (natürlich nicht gleichzeitig). War ein Patient zu klein, nahm Schwester Martina ihn für die Untersuchung auf den Schoß. Die Patientenschlangen auf dem Weg zu unseren Untersuchungsräumlichkeiten rissen nicht ab und innerhalb von zwei Tagen hatten wir 600 Augen untersucht. Sogar aus entfernten Bergdörfern machten sich Patienten auf den Weg.

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beim Installieren der Geräte

Unvergessen ist ein blinder 42-jähriger Mann, der vier Stunden zu Fuß seine 14-jährige Tochter und seinen 8-jährigen Sohn zu uns geführt hat. Er brachte eine schwere Tüte voller selbstgemachtem Käse und Honig mit, in der Hoffnung, die Deutschen Mediziner können ihn wieder sehen machen. Er hatte jedoch eine weit fortgeschrittene Retinopathia pigmentosa, wusste nicht um seine Diagnose sondern zahlte immer noch an einer in Russland durchgeführten OP(?) an der Netzhaut ab, die ihm aber nicht geholfen hat. Andere erwachsene Patienten (älter als 50J.) hatten Refraktionswerte von +7,0dptr oder -8dptr., aber noch nie in ihrem Leben eine Brille besessen. Mit einer Brillenverordnung brachten wir viele Menschen zum Weinen vor Glück und Dankbarkeit, da sie wieder sehr gut sehen konnten, was ihnen seit Jahrzehnten aus Armut verwehrt blieb. 

Nächstes Jahr werde ich wieder mit nach Albanien reisen - das Land ist wunderschön.