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Ein Bericht von Adele Rosenberger, Innsbruck

Nach zwei Einsätzen für ein Brillen-Hilfsprojekt in Nigeria war meine Neugierde groß, ob es solche Projekte auch in Europa gibt. Bei meiner Recherche im Internet wurde ich schnell fündig. Der Verein Deutsch-Albanische Initiative Kinderaugen, kurz DAIKA ist ein gemeinnütziger Verein und hat es sich zur Aufgabe gemacht in ländlicheren Gegenden in Albanien Augen-Screenings in Kindergärten und Primarschulen, aber auch orthoptische Folgeuntersuchungen bei Kindern und teilweise auch Erwachsenen durchzuführen. Dafür hat der Verein an verschiedenen Orten drei Untersuchungsräume eingerichtet.

Die Leitung dieses Vereins haben Dipl. Orthoptistin Efriede Joos-Kratsch und Dr. Dietrich Kratsch. Wenn ich die zwei mit einem Wort beschreiben sollte, dann wäre das ganz eindeutig WARMHERZIG. Nach einem ersten Kennenlernen über das Telefon war schnell klar, dass ich beim nächsten Einsatz im Oktober 2022 dabei sein werde.

Elfriede ist eine sehr engagierte und blitzgescheite Orthoptistin, sie bringt so schnell nichts aus der Ruhe, immerhin war sie nun schon über fünfundzwanzig Mal für einen Einsatz in Albanien. Ihr Mann Dr. Kratsch ist Jurist und hat ein unglaublich großes Wissen in sehr vielen Bereichen. Er ist ein wandelndes Lexikon und ist stets bemüht Ordnung in das Chaos der Patientenakten zu bringen. Unser Team wurde von Dritan Nikoli und Ergis Skendeli verstärkt. Die beiden Jungs sind gebürtig aus Albanien und arbeiten jetzt als Krankenpfleger in einer Klinik bei Aschaffenburg. Außerdem hatten wir Lindita mit an Bord. Sie kümmerte sich sehr organisiert um die Terminisierung der Patient*innen. Ausgestattet mit Stablampen, LEA-Tests, Lang Test, Cover, etliche Okklusionspflaster und vieles mehr ging die Reise von Wien direkt in die Hauptstadt Albaniens, nach Tirana (Flugzeit 1h 50min). Von dort aus kamen wir mit einem Kleinbus in die entlegensten Dörfer, über teilweise recht kurvigen und schlecht ausgebauten Straßen.

 

 

 

Die „trockene“ Statistik unseres zweiwöchigen Einsatzes verzeichnet insgesamt 328 untersuchte Patient*innen, 107 „gescreente“ Kinder und 72 verordnete Brille. 59 dieser Brillen konnten bei einem albanischen Optiker in Auftrag gegeben werden, 14 gebrauchte Brillen konnten wir sofort abgeben. Hinter dieser Statistik stehen viele Einzelschicksale. So kam eine Mutter (47Jahre) mit ihren beiden Töchtern zur Untersuchung. Die beiden Kinder wurden mit Brille ausgestattet, doch auch die Mutter kam uns auffällig vor, da sie zum Lesen von Nachrichten ihr Handy direkt vor ihrer Nase hielt. Als wir sie vor den Autorefraktometer setzten, zeigten sich Werte von R: -14,25 sph -1,5 cyl/90° L: -10,25 sph -1,75 cyl/90°. Nach einer Skiaskopie in Cycloplegie, bei der in etwa dieselben Werte herausgekommen sind, konnte sie mit einer „Soforthilfe“ also einer gebrauchten Brille von R/L -10,25 sph ausgestattet werden, eine angepasste Brille mit den Werten der Skiaskopie hat sie mittlerweile auch schon bekommen. Beim Aufsetzen der Soforthilfe fiel mir die Frau um den Hals und hatte Tränen in ihren Augen, sie hat ihre Umwelt bisher noch nie so wahrgenommen. Spontan konnten wir mit den Werten der Skiaskopie einen Visus von 40 % Rechts und Links erreichen. Wir sind schon gespannt auf die Kontrolle im Mai 2023. 

Nun ist so eine Reise emotional und auch körperlich ziemlich anstrengend, aber mit so einem tollen Team eine Erfahrung, welche ich auf gar keinen Fall missen möchte und hoffe bei einem der nächsten Einsätze wieder dabei sein zu dürfen. 

 

 

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Befund eines siebenjährigen Mädchens – bisher noch ohne Brillenversorgung (keine Seltenheit)